CRANIOSACRALE
OSTEOPATHIE
Mögliche Beschwerden in diesem Bereich
Die craniosacrale Osteopathie im Detail erklärt
Diese Studien bestätigen, dass es tatsächlich winzige Bewegungen im Körper gibt, die geschulte Therapeuten mit ihren Händen wahrnehmen können. Das ist ein wichtiger Schritt für die Osteopathie, denn lange Zeit konnten Kritiker einwenden: "Das kann man doch gar nicht messen!" Jetzt zeigen moderne Geräte: Doch, man kann.
Stellen Sie sich Ihren Körper wie einen hochmodernen Computer vor, der aus drei wichtigen Teilen besteht: dem Betriebssystem (vegetatives Nervensystem), den Sensoren (Interozeption) und der Hardware (Faszien).
Das Betriebssystem regelt automatisch alle Grundfunktionen, von der Herzfrequenz, über Stress, bis zur Verdauung, während die Sensoren ständig Daten über Ihren inneren Zustand sammeln und weiterleiten. Die Faszien bilden dabei die Hardware, also die physische Infrastruktur, über die alle Informationen im Körper transportiert werden können. Wenn dieses Netzwerk optimal funktioniert, erleben Sie Wohlbefinden und Gesundheit.
Chronischer Stress, Verletzungen oder Krankheiten können jedoch Störungen in diesem Netzwerk verursachen: Das Betriebssystem bleibt im "Alarmzustand" hängen, die Sensoren senden verzerrte oder übermäßig verstärkte Signale, die Hardware wird starr und verliert ihre optimale Leitfähigkeit. Die Kommunikation innerhalb dieses Systems ist fehlgeleitet. Das Ergebnis: "Systemfehler" in Form von Beschwerden. Hier kommt die craniosacrale Osteopathie ins Spiel: Sie "repariert" nicht einzelne Teile, sondern synchronisiert die drei Systeme neu - wie ein Reset. Das Ziel: Der Körper soll Signale präzise empfangen, richtig interpretieren und angemessen reagieren.
In den folgenden Abschnitten erfahren Sie, wie diese "Neukalibrierung" konkret funktioniert. Wer sich für die wissenschaftlichen Hintergründe interessiert, findet hier eine detaillierte Erklärung der Wirkungsmechanismen (einfach auf das + klicken).
Die Interozeption (Körperwahrnehmung) ist wie ein hochsensibles inneres Radar, das ständig den Zustand Ihres Körpers überwacht. Anders als die fünf klassischen Sinne, die nach außen gerichtet sind, blickt dieser „sechste Sinn“ nach innen und registriert subtile Veränderungen: den leicht beschleunigten Herzschlag, die flachere Atmung bei Anspannung, das Völlegefühl nach dem Essen oder die feinen Verspannungen in der Nackenmuskulatur. Selbst Ihre Emotionen, von Freude bis Angst, werden körperlich spürbar durch dieses bemerkenswerte Wahrnehmungssystem.
Eng verwandt, aber dennoch unterschiedlich ist die Propriozeption – Ihre Fähigkeit zu wissen, wo sich Ihre Körperteile im Raum befinden. Sie ermöglicht Ihnen, mit geschlossenen Augen Ihre Nasenspitze zu berühren oder im Dunkeln sicher zu gehen, indem sie die Stellung Ihrer Gelenke und die Spannung Ihrer Muskeln erfasst.
Interessanterweise haben Forscher einen bedeutsamen Zusammenhang entdeckt: Menschen mit einer präzisen Körperwahrnehmung scheinen im Durchschnitt gesünder und zufriedener zu sein (Khalsa et al., 2018; Murphy et al., 2019). Eine gut funktionierende Interozeption kann wie ein frühzeitiges Warnsystem wirken, das körperliche Ungleichgewichte erkennt, bevor sie zu ernsthaften Beschwerden führen (Farb et al., 2015).
Im Gegensatz dazu zeigt sich bei vielen chronischen Erkrankungen eine gestörte Kommunikation zwischen Körper und Gehirn. Die Interozeption ist ungenau. Wissenschaftliche Untersuchungen haben solche Zusammenhänge bei chronischen Schmerzsyndromen (Di Lernia et al., 2016), funktionellen Magen-Darm-Erkrankungen (Simrén et al., 2017) und psychosomatischen Beschwerden (Schulz & Vögele, 2015) nachgewiesen. Besonders deutlich wird dies bei Symptomen ohne eindeutigen medizinischen Befund: Hier liegt das Problem oft nicht in einer mechanischen „Fehlfunktion“ eines Organs, sondern vielmehr in der Art, wie Körpersignale verarbeitet und interpretiert werden (Edwards et al., 2012; Van den Bergh et al., 2017).
Die Inselrinde ist der Übersetzer des Körpers. Stellen Sie sich das Gehirn als Dolmetscher vor, der die Sprache Ihres Körpers in bewusste Empfindungen überträgt. Bei einer beeinträchtigten Interozeption können verschiedene „Übersetzungsfehler“ entstehen: Manche Signale werden überbewertet und führen zu Überempfindlichkeit, andere werden kaum wahrgenommen, und wieder andere werden fehlinterpretiert (Craig, 2015; Quadt et al., 2018). Diese Kommunikationsstörungen können einen Kreislauf auslösen, in dem das Gehirn auf normale Körperempfindungen mit übermäßigen Alarmreaktionen reagiert – was wiederum körperliche Beschwerden verstärken kann (Payne et al., 2020; Schultchen et al., 2019).
In diesem komplexen System spielt ein bestimmter Gehirnbereich eine Schlüsselrolle: die Inselrinde (Insula). Die Inselrinde funktioniert wie ein Übersetzungszentrum, das körperliche Signale in bewusste körperliche Empfindungen und Gefühle umwandelt. Hier verarbeitet das Gehirn Signale wie Hunger, Durst, Emotionen und Schmerz.
Interessanterweise sprechen bestimmte Nervenfasern in unserer Haut – die sogenannten C-taktilen Afferenzen – besonders stark auf sanfte, langsame Berührungen mit minimalem Druck an (McGlone et al., 2014; Olausson et al., 2010). Diese Nervenfasern leiten ihre Signale direkt zur Inselrinde weiter. Gehirnscans haben gezeigt, dass sanfte Berührungen der Haut direkt die Aktivität in der Inselrinde beeinflussen können (Case et al., 2016).
Eine Studie mit funktioneller Magnetresonanztomographie von Cerritelli und Kollegen (2020) zeigt: Craniosacrale Behandlungen verändern die Aktivität der Inselrinde bei Patienten mit chronischen Schmerzen. Nach mehreren Behandlungen normalisierte sich die zuvor gestörte Gehirnaktivität in diesem Bereich.
Diese Beobachtungen liefern eine plausible Erklärung dafür, warum sanfte Berührungen therapeutische Wirkungen entfalten können. Die craniosacrale Osteopathie nutzt die C-taktilen Nervenfasern als direkten neurologischen Zugang zur Inselrinde und kann dadurch die gestörte Verarbeitung von Körpersignalen positiv beeinflussen. Neben der Stimulation der Inselrinde zeigt die wissenschaftliche Evidenz, dass osteopathische Behandlungen die Interozeption verbessern können – sowohl auf subjektiver Ebene (gemessen mit Fragebögen) als auch auf neurologischer Ebene (gemessen mit bildgebenden Verfahren) (Cerritelli et al., 2020; Emmet et al., 2024; Edwards et al., 2018; Cathcart et al., 2019; Bordoni & Marelli, 2017).
Die Architektur unseres autonomen Nervensystems beruht auf zwei gegensätzlichen, aber synergetischen Zuständen: dem Sympathikus, der Energie mobilisiert, und dem Parasympathikus, der Erholung fördert. Ähnlich wie ein Fahrzeug Gas und Bremse benötigt, brauchen wir diesen physiologischen Wechsel – doch die Anforderungen des modernen Lebens verleiten viele dazu, fortwährend im ‚Aktivierungsmodus‘ zu verbleiben und mit ständig gedrücktem Gaspedal den Alltag zu bestreiten.
Im Zentrum des Gleichgewichts zwischen Aktivierung und Regeneration steht der Vagusnerv, das Rückgrat unseres parasympathischen Erholungssystems. Er ist die größte Nervenverbindung zwischen Gehirn und Körper und führt vom Kopf durch Hals und Brustkorb bis zu den Verdauungsorganen. Bemerkenswert an seiner Physiologie: Rund 80% seiner Signale verläuft vom Körper zum Gehirn und übermittelt kontinuierlich detaillierte Information über unseren inneren Zustand (Paciorek & Skora, 2020).
Aktuelle Studien liefern konkrete Hinweise auf die körperlichen Wirkungen der craniosacralen Osteopathie: Die Forschergruppe um Girsberger (2014) fand bei Patienten mit verschiedenen Beschwerden eine deutliche Verbesserung der Herzratenvariabilität nach craniosacralen Behandlungen – ein Zeichen für verstärkte Aktivität des Vagusnervs. Ergänzend dazu zeigten Miano und Kollegen (2019), dass osteopathische Behandlungen bei Menschen mit Rückenschmerzen nicht nur das Gleichgewicht zwischen Anspannung (Sympathikus) und Entspannung (Parasympathikus) im Nervensystem optimieren, sondern auch die Sauerstoffversorgung im Gehirn verbessern können.
Der Vagusnerv spielt als Hauptnerv unseres Entspannungssystems eine zentrale Rolle für viele Körperfunktionen. Wissenschaftlich gut belegt ist seine positive Wirkung auf grundlegende Körperprozesse: Eine gesunde Vagusnerv-Aktivität macht die Atmung ruhiger und tiefer, hilft bei der Normalisierung von Herzschlag und Blutdruck, unterstützt eine gleichmäßige Verdauung und kann Entzündungsprozesse dämpfen – Forscher sprechen vom „anti-inflammatorischen Reflexbogen“. Zudem werden bei aktiver Vagusnerv-Funktion typischerweise weniger Stresshormone wie Cortisol ausgeschüttet.
Mit wachsender wissenschaftlicher Unterstützung zeigen sich weitere Zusammenhänge: Die Körperwahrnehmung kann sich verbessern, der Blutzuckerspiegel stabiler reguliert werden, emotionale Balance und Schlafqualität können positiv beeinflusst werden. Aktuelle Forschungen untersuchen zusätzlich mögliche Verbindungen zur Immunabwehr, zu kognitiven Funktionen wie Konzentration und Gedächtnis, zur sozialen Kontaktfähigkeit sowie zu Regenerationsprozessen im Gewebe und zur Muskelentspannung.
Was Sie über die Grenzen der craniosacralen Osteopathie wissen sollten
Wie bei jeder Behandlungsmethode ist es wichtig zu verstehen, wo die (craniosacrale) Osteopathie helfen kann, und wo ihre Grenzen liegen. Die craniosacrale Osteopathie versteht sich als ein Puzzlestein in einem umfassenden Gesundheitskonzept. Das osteopathische Spektrum umfasst neben diesen sanften Techniken auch direkte manuelle Methoden wie Manipulationen und mobilisierende Griffe.
Nicht für jeden und nicht für alles geeignet: Jeder Mensch reagiert anders auf Behandlungen. Was dem einen hilft, muss bei einem anderen nicht dieselbe Wirkung zeigen. Auch spielt es eine Rolle, wie lange Beschwerden bereits bestehen und welche anderen gesundheitlichen Probleme vorliegen.
Kein Notfall-Helfer: Bei akuten, schweren Erkrankungen oder Verletzungen, die sofort behandelt werden müssen, ist die craniosacrale Osteopathie nicht das richtige Mittel. In solchen Fällen brauchen Sie zunächst eine ärztliche Versorgung.
Ergänzung, kein Ersatz: Die craniosacrale Osteopathie kann eine sinnvolle Ergänzung zu anderen Behandlungen sein, ersetzt aber niemals die ärztliche Untersuchung und Therapie. Bei Beschwerden sollten Sie immer zuerst Ihren Arzt aufsuchen.
Therapeut macht den Unterschied: Der Erfolg hängt stark davon ab, wie gut der Therapeut ausgebildet ist und wie viel Erfahrung er hat. Leider gibt es noch keine einheitlichen Standards, deshalb lohnt es sich, nach einem qualifizierten Osteopathen zu suchen.
Bitte beachten Sie: Die craniosacrale Osteopathie kann bei verschiedenen Beschwerden unterstützend wirken, aber sie ist kein Wundermittel. Wir machen keine Heilversprechen und arbeiten immer in Abstimmung mit Ihrem Arzt. Ihre Gesundheit steht im Mittelpunkt und dazu gehört auch, ehrlich über die Möglichkeiten und Grenzen unserer Methode zu sprechen. Bei den genannten Anwendungsbereichen handelt es sich um Beispiele. Im Einzelfall kann eine Behandlung auch bei den genannten Anwendungsbeispielen nicht angezeigt sein.
CRANIOSACRALE
OSTEOPATHIE
Mögliche Beschwerden in diesem Bereich
Die craniosacrale Osteopathie im Detail erklärt
Diese Studien bestätigen, dass es tatsächlich winzige Bewegungen im Körper gibt, die geschulte Therapeuten mit ihren Händen wahrnehmen können. Das ist ein wichtiger Schritt für die Osteopathie, denn lange Zeit konnten Kritiker einwenden: "Das kann man doch gar nicht messen!" Jetzt zeigen moderne Geräte: Doch, man kann.
Stellen Sie sich Ihren Körper wie einen hochmodernen Computer vor, der aus drei wichtigen Teilen besteht: dem Betriebssystem (vegetatives Nervensystem), den Sensoren (Interozeption) und der Hardware (Faszien).
Das Betriebssystem regelt automatisch alle Grundfunktionen, von der Herzfrequenz, über Stress, bis zur Verdauung, während die Sensoren ständig Daten über Ihren inneren Zustand sammeln und weiterleiten. Die Faszien bilden dabei die Hardware, also die physische Infrastruktur, über die alle Informationen im Körper transportiert werden können. Wenn dieses Netzwerk optimal funktioniert, erleben Sie Wohlbefinden und Gesundheit.
Chronischer Stress, Verletzungen oder Krankheiten können jedoch Störungen in diesem Netzwerk verursachen: Das Betriebssystem bleibt im "Alarmzustand" hängen, die Sensoren senden verzerrte oder übermäßig verstärkte Signale, die Hardware wird starr und verliert ihre optimale Leitfähigkeit. Die Kommunikation innerhalb dieses Systems ist fehlgeleitet. Das Ergebnis: "Systemfehler" in Form von Beschwerden. Hier kommt die craniosacrale Osteopathie ins Spiel: Sie "repariert" nicht einzelne Teile, sondern synchronisiert die drei Systeme neu - wie ein Reset. Das Ziel: Der Körper soll Signale präzise empfangen, richtig interpretieren und angemessen reagieren.
In den folgenden Abschnitten erfahren Sie, wie diese "Neukalibrierung" konkret funktioniert. Wer sich für die wissenschaftlichen Hintergründe interessiert, findet hier eine detaillierte Erklärung der Wirkungsmechanismen (einfach auf das + klicken).
Die Interozeption (Körperwahrnehmung) ist wie ein hochsensibles inneres Radar, das ständig den Zustand Ihres Körpers überwacht. Anders als die fünf klassischen Sinne, die nach außen gerichtet sind, blickt dieser „sechste Sinn“ nach innen und registriert subtile Veränderungen: den leicht beschleunigten Herzschlag, die flachere Atmung bei Anspannung, das Völlegefühl nach dem Essen oder die feinen Verspannungen in der Nackenmuskulatur. Selbst Ihre Emotionen, von Freude bis Angst, werden körperlich spürbar durch dieses bemerkenswerte Wahrnehmungssystem.
Eng verwandt, aber dennoch unterschiedlich ist die Propriozeption – Ihre Fähigkeit zu wissen, wo sich Ihre Körperteile im Raum befinden. Sie ermöglicht Ihnen, mit geschlossenen Augen Ihre Nasenspitze zu berühren oder im Dunkeln sicher zu gehen, indem sie die Stellung Ihrer Gelenke und die Spannung Ihrer Muskeln erfasst.
Interessanterweise haben Forscher einen bedeutsamen Zusammenhang entdeckt: Menschen mit einer präzisen Körperwahrnehmung scheinen im Durchschnitt gesünder und zufriedener zu sein (Khalsa et al., 2018; Murphy et al., 2019). Eine gut funktionierende Interozeption kann wie ein frühzeitiges Warnsystem wirken, das körperliche Ungleichgewichte erkennt, bevor sie zu ernsthaften Beschwerden führen (Farb et al., 2015).
Im Gegensatz dazu zeigt sich bei vielen chronischen Erkrankungen eine gestörte Kommunikation zwischen Körper und Gehirn. Die Interozeption ist ungenau. Wissenschaftliche Untersuchungen haben solche Zusammenhänge bei chronischen Schmerzsyndromen (Di Lernia et al., 2016), funktionellen Magen-Darm-Erkrankungen (Simrén et al., 2017) und psychosomatischen Beschwerden (Schulz & Vögele, 2015) nachgewiesen. Besonders deutlich wird dies bei Symptomen ohne eindeutigen medizinischen Befund: Hier liegt das Problem oft nicht in einer mechanischen „Fehlfunktion“ eines Organs, sondern vielmehr in der Art, wie Körpersignale verarbeitet und interpretiert werden (Edwards et al., 2012; Van den Bergh et al., 2017).
Die Inselrinde ist der Übersetzer des Körpers. Stellen Sie sich das Gehirn als Dolmetscher vor, der die Sprache Ihres Körpers in bewusste Empfindungen überträgt. Bei einer beeinträchtigten Interozeption können verschiedene „Übersetzungsfehler“ entstehen: Manche Signale werden überbewertet und führen zu Überempfindlichkeit, andere werden kaum wahrgenommen, und wieder andere werden fehlinterpretiert (Craig, 2015; Quadt et al., 2018). Diese Kommunikationsstörungen können einen Kreislauf auslösen, in dem das Gehirn auf normale Körperempfindungen mit übermäßigen Alarmreaktionen reagiert – was wiederum körperliche Beschwerden verstärken kann (Payne et al., 2020; Schultchen et al., 2019).
In diesem komplexen System spielt ein bestimmter Gehirnbereich eine Schlüsselrolle: die Inselrinde (Insula). Die Inselrinde funktioniert wie ein Übersetzungszentrum, das körperliche Signale in bewusste körperliche Empfindungen und Gefühle umwandelt. Hier verarbeitet das Gehirn Signale wie Hunger, Durst, Emotionen und Schmerz.
Interessanterweise sprechen bestimmte Nervenfasern in unserer Haut – die sogenannten C-taktilen Afferenzen – besonders stark auf sanfte, langsame Berührungen mit minimalem Druck an (McGlone et al., 2014; Olausson et al., 2010). Diese Nervenfasern leiten ihre Signale direkt zur Inselrinde weiter. Gehirnscans haben gezeigt, dass sanfte Berührungen der Haut direkt die Aktivität in der Inselrinde beeinflussen können (Case et al., 2016).
Eine Studie mit funktioneller Magnetresonanztomographie von Cerritelli und Kollegen (2020) zeigt: Craniosacrale Behandlungen verändern die Aktivität der Inselrinde bei Patienten mit chronischen Schmerzen. Nach mehreren Behandlungen normalisierte sich die zuvor gestörte Gehirnaktivität in diesem Bereich.
Diese Beobachtungen liefern eine plausible Erklärung dafür, warum sanfte Berührungen therapeutische Wirkungen entfalten können. Die craniosacrale Osteopathie nutzt die C-taktilen Nervenfasern als direkten neurologischen Zugang zur Inselrinde und kann dadurch die gestörte Verarbeitung von Körpersignalen positiv beeinflussen. Neben der Stimulation der Inselrinde zeigt die wissenschaftliche Evidenz, dass osteopathische Behandlungen die Interozeption verbessern können – sowohl auf subjektiver Ebene (gemessen mit Fragebögen) als auch auf neurologischer Ebene (gemessen mit bildgebenden Verfahren) (Cerritelli et al., 2020; Emmet et al., 2024; Edwards et al., 2018; Cathcart et al., 2019; Bordoni & Marelli, 2017).
Die Architektur unseres autonomen Nervensystems beruht auf zwei gegensätzlichen, aber synergetischen Zuständen: dem Sympathikus, der Energie mobilisiert, und dem Parasympathikus, der Erholung fördert. Ähnlich wie ein Fahrzeug Gas und Bremse benötigt, brauchen wir diesen physiologischen Wechsel – doch die Anforderungen des modernen Lebens verleiten viele dazu, fortwährend im ‚Aktivierungsmodus‘ zu verbleiben und mit ständig gedrücktem Gaspedal den Alltag zu bestreiten.
Im Zentrum des Gleichgewichts zwischen Aktivierung und Regeneration steht der Vagusnerv, das Rückgrat unseres parasympathischen Erholungssystems. Er ist die größte Nervenverbindung zwischen Gehirn und Körper und führt vom Kopf durch Hals und Brustkorb bis zu den Verdauungsorganen. Bemerkenswert an seiner Physiologie: Rund 80% seiner Signale verläuft vom Körper zum Gehirn und übermittelt kontinuierlich detaillierte Information über unseren inneren Zustand (Paciorek & Skora, 2020).
Aktuelle Studien liefern konkrete Hinweise auf die körperlichen Wirkungen der craniosacralen Osteopathie: Die Forschergruppe um Girsberger (2014) fand bei Patienten mit verschiedenen Beschwerden eine deutliche Verbesserung der Herzratenvariabilität nach craniosacralen Behandlungen – ein Zeichen für verstärkte Aktivität des Vagusnervs. Ergänzend dazu zeigten Miano und Kollegen (2019), dass osteopathische Behandlungen bei Menschen mit Rückenschmerzen nicht nur das Gleichgewicht zwischen Anspannung (Sympathikus) und Entspannung (Parasympathikus) im Nervensystem optimieren, sondern auch die Sauerstoffversorgung im Gehirn verbessern können.
Der Vagusnerv spielt als Hauptnerv unseres Entspannungssystems eine zentrale Rolle für viele Körperfunktionen. Wissenschaftlich gut belegt ist seine positive Wirkung auf grundlegende Körperprozesse: Eine gesunde Vagusnerv-Aktivität macht die Atmung ruhiger und tiefer, hilft bei der Normalisierung von Herzschlag und Blutdruck, unterstützt eine gleichmäßige Verdauung und kann Entzündungsprozesse dämpfen – Forscher sprechen vom „anti-inflammatorischen Reflexbogen“. Zudem werden bei aktiver Vagusnerv-Funktion typischerweise weniger Stresshormone wie Cortisol ausgeschüttet.
Mit wachsender wissenschaftlicher Unterstützung zeigen sich weitere Zusammenhänge: Die Körperwahrnehmung kann sich verbessern, der Blutzuckerspiegel stabiler reguliert werden, emotionale Balance und Schlafqualität können positiv beeinflusst werden. Aktuelle Forschungen untersuchen zusätzlich mögliche Verbindungen zur Immunabwehr, zu kognitiven Funktionen wie Konzentration und Gedächtnis, zur sozialen Kontaktfähigkeit sowie zu Regenerationsprozessen im Gewebe und zur Muskelentspannung.
Was Sie über die Grenzen der craniosacralen Osteopathie wissen sollten
Wie bei jeder Behandlungsmethode ist es wichtig zu verstehen, wo die (craniosacrale) Osteopathie helfen kann, und wo ihre Grenzen liegen. Die craniosacrale Osteopathie versteht sich als ein Puzzlestein in einem umfassenden Gesundheitskonzept. Das osteopathische Spektrum umfasst neben diesen sanften Techniken auch direkte manuelle Methoden wie Manipulationen und mobilisierende Griffe.
Nicht für jeden und nicht für alles geeignet: Jeder Mensch reagiert anders auf Behandlungen. Was dem einen hilft, muss bei einem anderen nicht dieselbe Wirkung zeigen. Auch spielt es eine Rolle, wie lange Beschwerden bereits bestehen und welche anderen gesundheitlichen Probleme vorliegen.
Kein Notfall-Helfer: Bei akuten, schweren Erkrankungen oder Verletzungen, die sofort behandelt werden müssen, ist die craniosacrale Osteopathie nicht das richtige Mittel. In solchen Fällen brauchen Sie zunächst eine ärztliche Versorgung.
Ergänzung, kein Ersatz: Die craniosacrale Osteopathie kann eine sinnvolle Ergänzung zu anderen Behandlungen sein, ersetzt aber niemals die ärztliche Untersuchung und Therapie. Bei Beschwerden sollten Sie immer zuerst Ihren Arzt aufsuchen.
Therapeut macht den Unterschied: Der Erfolg hängt stark davon ab, wie gut der Therapeut ausgebildet ist und wie viel Erfahrung er hat. Leider gibt es noch keine einheitlichen Standards, deshalb lohnt es sich, nach einem qualifizierten Osteopathen zu suchen.
Bitte beachten Sie: Die craniosacrale Osteopathie kann bei verschiedenen Beschwerden unterstützend wirken, aber sie ist kein Wundermittel. Wir machen keine Heilversprechen und arbeiten immer in Abstimmung mit Ihrem Arzt. Ihre Gesundheit steht im Mittelpunkt und dazu gehört auch, ehrlich über die Möglichkeiten und Grenzen unserer Methode zu sprechen. Bei den genannten Anwendungsbereichen handelt es sich um Beispiele. Im Einzelfall kann eine Behandlung auch bei den genannten Anwendungsbeispielen nicht angezeigt sein.
SAY
HELLO
ONA Osteopathie
Frankfurter Straße 25
61476 Kronberg im Taunus
+49 176 14 372 069
hi@ona-osteopathie.de
Instagram
SAY HELLO
ONA Osteopathie
Frankfurter Straße 25
61476 Kronberg im Taunus
+49 176 14 372 069
hi@ona-osteopathie.de